SCHWERPUNKTTHEMA

4 Antworten auf wichtige Fragen rund um das Sozialrecht

Als MAV haben Sie es meistens mit arbeits- oder dienstrechtlichen Fragestellungen zu tun. Doch damit allein ist es nicht getan. Was passiert z. B. mit Ihrer Krankenversicherung, wenn Sie mal ein Sabbatical einlegen? Wann müssen Sie bei einer Abfindung eine Sperrzeit fürchten? Das sind Fragen, die auf Sie zukommen können und die ich deshalb in diesem Beitrag für Sie beantworte.

Maria Markatou

14.04.2025 · 3 Min Lesezeit

1. Aufhebungsvertrag: Sperrzeit umgehen?

Schlägt der*die Dienstgebende einer*einem Beschäftigten einen Aufhebungsvertrag vor, kommt meist der Einwand: „Wenn ich das unterschreibe, bekomme ich gleich eine Sperrzeit bei der Arbeitsagentur!“ Das ist eine Anspielung auf § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III. Danach kann der Anspruch auf das Arbeitslosengeld tatsächlich ruhen, wenn ein*e Mitarbeiter*in das Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst hat – wie eben durch die Unterschrift unter einen Aufhebungsvertrag. Und das kann dann im Ergebnis für ihn*sie bedeuten: Es gibt bis zu 12 Wochen kein Arbeitslosengeld – immerhin ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil für Ihre*n Kolleg*in.

Doch diesem Einwand können Sie mit klaren Aussagen begegnen:

Das Beenden eines Beschäftigungsverhältnisses durch Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags löst keine Sperrzeit aus, wenn Dienstgebende damit letztlich einer objektiv rechtmäßigen Kündigung aus nicht verhaltensbedingten Gründen zuvorkommen. Deshalb sollte dieser Umstand auch in jedem Aufhebungsvertrag zum Ausdruck kommen, etwa mit der Formulierung: „Zur Vermeidung einer betriebsbedingten/personenbedingten Kündigung wird …“ So eine Formulierung sollte Ihr*e Kolleg*in, wenn er*sie unterschreiben soll, daher auch ausdrücklich fordern.

2. Welche Hinweise müssen im Kündigungsschreiben erfolgen?

§ 38 SGB III legt ausscheidenden Mitarbeitenden bestimmte Meldepflichten bei der Agentur für Arbeit auf. Kommt der*die Betreffende diesen Pflichten nicht rechtzeitig nach, muss er*sie mit einer Sperrzeit von einer Woche rechnen. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB III muss ein*e Mitarbeiter*in, dessen*deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, sich spätestens 3 Monate vor dem Arbeitsende persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend (nicht arbeitslos!) melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der tatsächlichen Beendigung weniger als 3 Monate (z. B. weil die Kündigungsfrist viel kürzer ist), muss die Meldung sogar innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes erfolgen.

Ihr*e Dienstgeber*in muss Ihre Kolleg*innen darauf schriftlich aufmerksam machen.

3. Freistellung: Wann endet die Sozialversicherungspflicht?

Oft werden Mitarbeitende direkt nach Abschluss des Aufhebungsvertrags oder nach der Kündigung unter Anrechnung von Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüchen unwiderruflich freigestellt. Endet mit der Freistellung dann auch die Sozialversicherungspflicht? Schließlich gibt es einen Unterschied zwischen dem Arbeits- und dem Beschäftigungsverhältnis (siehe Download)

Unterschied Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis

Beim endenden Beschäftigungsverhältnis ist zu unterscheiden zwischen der beitrags- und der leistungsrechtlichen Seite:

• beitragsrechtlich

Dies betrifft die Frage der Beitragspflicht. Hier sind sich Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis ähnlich. Beitragsrechtlich endet das Beschäftigungsverhältnis nicht, wenn der Arbeitsvertrag weiter rechtlichen Bestand hat und die Bereitschaft des*der Arbeitnehmenden, weiter tätig zu sein, nicht endgültig abgebrochen wurde. Deshalb führt auch nicht jede Unterbrechung der tatsächlichen Beschäftigung (Urlaub, Krankheit …) gleich zum Wegfall der Beitragspflicht. Doch was heißt das z. B. für den Fall der Freistellung?

Da mit einer unwiderruflichen Freistellung die Verfügungsbefugnis Ihres*Ihrer Dienstherr*in über den*die Mitarbeiter*in endet, nahm die sozialgerichtliche Rechtsprechung zunächst auch die Beendigung des beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses an. Das Bundessozialgericht (BSG) hat jedoch klargestellt, dass auch bei übereinstimmender unwiderruflicher Freistellung der Arbeitnehmenden weiterhin abhängig beschäftigt bleibt und das beitragsrechtliche Beschäftigungsverhältnis fortbesteht (24.9.2008, Az. B 12 KR 22/07 R). Ihr*e Kolleg*in bleibt also trotz Freistellung sozialversichert.

• leistungsrechtlich

Hier geht es um die Frage, ob sozialversicherungsrechtliche Leistungen in Anspruch genommen werden können, z. B. Arbeitslosengeld. Das BSG vertritt hierzu die Auffassung, dass in leistungsrechtlicher Hinsicht das Arbeitsverhältnis nicht mit dem Beschäftigungsverhältnis gleichzusetzen ist. Deshalb ist es auch möglich, dass ein*e Arbeitnehmer*in Anspruch auf Arbeitslosengeld haben kann, obwohl das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht (sogenannte Gleichwohl-Gewährung (§ 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III)! Aus den genannten Gründen kann sich ein*e Arbeitnehmer*in auch schon nach einseitiger oder übereinstimmender unwiderruflicher Freistellung bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden.

4. Freie Mitarbeit oder Arbeitnehmereigenschaft?

Sicher haben Sie im Gremium bereits über die Problematik der Scheinselbstständigkeit in Verbindung mit dem Thema „Werkverträge in kirchlichen Einrichtungen“ gesprochen. Wie grenzen Sie aber Scheinselbstständigkeit sicher von der Arbeitnehmereigenschaft ab? Welche Kriterien Ihnen bei der Zuordnung einer Tätigkeit konkret helfen, ergibt sich aus folgender Übersicht, die Sie sich im Premiumbereich herunterladen können:

Arbeitshilfen

  • Übersicht: Unterschied Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis
  • Übersicht: Kriterien der Scheinselbstständigkeit

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Ich habe Rechtswissenschaften in München studiert und bin seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen. Von 2004 bis 2017 war ich Partnerin der Kanzlei Löffler & Partner in München. Seit 2017 bin […]

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