Manche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konsumieren während der Arbeitszeit Alkohol, einige erscheinen sogar angetrunken am Arbeitsplatz. Andere erbringen wegen übermäßigen Tablettenkonsums nicht 100%ige Leistungen. Und wieder andere rauchen und gefährden dadurch die Gesundheit Ihrer Kolleginnen und Kollegen. Dennoch sind Suchtproblematiken immer noch ein Tabuthema. Das sollten Sie ändern. Und zwar mit einer Flucht nach vorn, in Form eines umfassenden Präventionsprogramms.
Allgemeines Alkoholverbot sinnvoll unterstützen
Für Sie als Personalrat stellt sich bei einer Alkohol- oder Medikamentensucht stets die gleiche Problematik. Ihr Dienstherr wird durch entsprechende Verbote, z. B. durch ein allgemeines Alkoholverbot, versuchen, dem entgegenzuwirken. Und Sie werden Ihre sich dabei ergebenden Mitbestimmungsrechte möglichst zugunsten Ihrer Kolleginnen und Kollegen wahrnehmen wollen. Zudem wird es Ihnen ein Anliegen sein, die Betroffenen zu unterstützen.
Alkoholverbot unterliegt Ihrer Mitbestimmung
Sie haben als Personalrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, wenn es um „Fragen der Ordnung des Betriebs“ geht, so beispielsweise in § 80 Abs. 1 Nr. 18 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG). Dazu zählt auch die Einführung eines Alkoholverbots.
Denn zu den Ordnungsinstrumenten Ihres Dienstherrn gehören alle Maßnahmen, die er zur Regelung und Sicherung eines ungestörten Arbeitsablaufs und zur Gestaltung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens Ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Dienststelle treffen möchte. Ihr Dienstherr kann deshalb ein allgemeines Alkoholverbot in der Behörde nur mit Ihrer Zustimmung anordnen.
Anders sieht es aus, wenn Ihr Dienstherr mit einem Arbeitnehmer ein Alkoholverbot einzelvertraglich vereinbart oder die Zustimmung gesetzlich vorgeschrieben ist.
Denn Sie und natürlich auch Ihre Kolleginnen und Kollegen dürfen sich auch ohne ein ausdrückliches Verbot nicht durch den Konsum von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln in einen Zustand versetzen, durch den Sie sich selbst oder andere gefährden könnten.
Eine Kündigung wegen Alkoholmissbrauchs könnte Ihr Dienstherr deshalb nur aussprechen, wenn der Alkoholmissbrauch zu nachweisbaren Schlecht- oder Fehlleistungen führt. Die Konsequenz ist, dass viele Dienstherrn versuchen, sich durch den Ausspruch eines absoluten Alkoholverbots jeglichen Ärger zu ersparen.
Wie Sie als Personalrat am besten vorgehen
Als Personalrat sollten Sie einem allgemeinen Alkoholverbot grundsätzlich offen gegenüberstehen. Denn konsumieren Ihre Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz alkoholhaltige Getränke, gefährden sie unter Umständen nicht nur sich, sondern auch Ihre anderen Kolleginnen und Kollegen – ganz abgesehen von der Verursachung von Sachschäden.
Entscheiden Sie und Ihr Dienstherr sich für ein absolutes Alkoholverbot, sollte dieses rechtssicher formuliert werden. Das könnte beispielsweise so aussehen:
„Allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie allen Beamtinnen und Beamten ist jegliche Einnahme von alkoholhaltigen Getränken und Speisen während der Arbeitszeit streng verboten. Das gilt auch für die Pausenzeiten.
Alle Beschäftigten verpflichten sich dazu, ihre Arbeit stets in nüchternem Zustand aufzunehmen.
Das heißt: Vor dem Beginn der Arbeit dürfen sie keinen Alkohol zu sich nehmen, soweit der Alkoholgenuss sie zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme und ggf. darüber hinaus daran hindert, ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen.
Der Arbeitnehmerin / Dem Arbeitnehmer sowie der Beamtin / dem Beamten ist bewusst, dass sie/er im Fall eines Verstoßes gegen diese Vereinbarung mit dem arbeitgeberseitigen Ausspruch einer ordentlichen, gegebenenfalls auch einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund zu rechnen hat.“
Welche Aspekte Sie in einer Dienstvereinbarung regeln sollten
In einer Dienstvereinbarung sollten Sie vor allem an Folgendes denken:
- Reichweite eines Alkoholverbots: Einigen Sie sich mit Ihrem Dienstherrn darüber, ob ein absolutes Alkoholverbot verhängt werden soll. Alternativ ist es auch möglich, die Befugnis des Alkoholkonsums nur bei bestimmten konkret bezeichneten Anlässen nach vorheriger Abstimmung mit dem Vorgesetzten zu erlauben.
- Verhalten festgestellter Alkoholisierung: Legen Sie fest, was passiert, wenn sich ein Kollege oder eine Kollegin nicht an die Vorgaben hält. Versuchen Sie, sich mit Ihrem Dienstherrn darauf zu einigen, dass grundsätzlich zumindest eine Abmahnung ausgesprochen wird, bevor ein Kollege oder eine Kollegin für dieses Vergehen eine Kündigung oder eine Entfernung aus dem Dienst erhält. Aber auch dieser Fall sollte geregelt werden. Klären Sie insoweit, ob die Betroffenen sofort freigestellt werden sollen.
Präventive Maßnahmen sind wichtig
Eine behördliche Regelung zum Thema „Alkohol und Drogen“ oder auch ganz allgemein zur „Sucht“ ist wichtig. Vollständig verhindern können Sie und Ihr Dienstherr suchtbedingte Probleme dadurch aber meistens nicht. Deshalb sollten Sie mit Ihrem Dienstherrn gemeinsam zusätzlich noch Präventionsmaßnahmen entwickeln. Diese sollten das Ziel haben, Ihre Kolleginnen und Kollegen möglichst vor Suchtkrankheiten zu bewahren. Zudem sollte es darum gehen, Ihren suchtkranken Kollegen möglichst schnell und professionell Hilfe zukommen zu lassen.
Maßnahmen mit Dienstherrn entwickeln
Bei den meisten Präventionsprogrammen haben Sie als Personalrat auch ein Mitbestimmungsrecht, da es um Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie zum Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften geht. Geregelt ist dies beispielsweise in § 80 Abs. 1 Nr. 16 BPersVG.
Allerdings wird Ihr Dienstherr ohnehin bei diesem Thema gerne mit Ihnen zusammenarbeiten. Denn Sie als Personalrat haben zu vielen Kolleginnen und Kollegen ein besseres Verhältnis. Sie werden sich Ihnen deshalb eher anvertrauen und Hilfe von Ihrer Seite auch eher annehmen.
Anzeichen und Auffälligkeiten für eine Alkoholsucht
- Körperliche Anzeichen: Atem riecht nach Alkohol, zitternde Hände, glasige Augen, ständig gerötetes Gesicht
- Auffälligkeiten im Sozialverhalten: auffällige Konzentrationsschwäche, häufiges Entfernen vom Arbeitsplatz, Kollege sondert sich von anderen Kollegen ab, Kollege wirkt manchmal enthemmt und leicht reizbar, Stimmungsschwankungen
- Auffälligkeiten im Arbeitsverhalten: Arbeitnehmer fehlt häufiger ohne ärztlichen Nachweis, ist auffällig unpünktlich und unzuverlässig
Vorsicht vor zu schnellen Rückschlüssen! Es handelt sich nur um Anzeichen, eine Diagnose kann nur ein Arzt stellen.
Am besten sorgen Sie gut vor
Damit suchtgefährdete Kolleginnen und Kollegen möglichst gar nicht erst zu Suchtkranken werden, prüfen Sie am besten folgende vorbeugende Maßnahmen:
- Aufklärungsaktionen mit Suchtexperten: Setzen Sie sich dafür ein, dass Ihr Dienstherr Aufklärungsaktionen mit Suchtexperten durchführt, zum Beispiel mit Ex-Abhängigen, spezialisierten Ärzten oder Mitwirkenden bei den Anonymen Alkoholikern.
- Führungskräfte sensibilisieren und schulen: Führungskräfte sollten im Umgang mit suchtgefährdeten Kolleginnen und Kollegen besonders geschult werden. Sie sollten problematische Verhaltensweisen frühzeitig erkennen und angemessen reagieren können, ohne zu stigmatisieren.
- Klare dienstliche Regelungen zu Suchtmitteln: Ihr Dienstherr sollte Regeln im Umgang mit Suchtmitteln (z. B. Alkoholverbot während der Arbeitszeit) definieren und für eine transparente Kommunikation dieser Regelungen sorgen.
- Niedrigschwellige Anlaufstellen einrichten: Es sollten vertrauliche Anlaufstellen in der Dienststelle eingerichtet werden, beispielsweise Suchtberater oder Kooperationen mit externen Fachstellen, um Betroffenen frühzeitig Unterstützung anzubieten.
- Workshops organisieren: Organisieren Sie Workshops zum Thema „Sucht“. Dabei sollten Sie auf jeden Fall mit Ihrem Dienstherrn zusammenarbeiten. Außerdem ist es ratsam, Experten hinzuzuziehen. Sie werden Ideen haben, wie man sich dem Thema spielerisch und locker nähern kann. Nur so wird es möglich sein, suchtgefährdete Kolleginnen und Kollegen tatsächlich zu erreichen und ihnen die Gefahren vor Augen zu führen.
- Vertrauensbildende Maßnahmen nicht vergessen: Sorgen Sie zudem dafür, dass Ihr Dienstherr vertrauensbildende Maßnahmen ergreift, zum Beispiel, indem er auf einer Personalversammlung das behördliche Hilfsprogramm vorstellt.
- Integration des Risikos Sucht in die betriebliche Gefährdungsbeurteilung: Aus Sicht der Experten kann zudem eine konsequente Umsetzung der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung die Suchtprävention befördern.
- Betriebssicherheitsverordnung: Auch über die Betriebssicherheitsverordnung kann vor allem bei gefahrgeneigten Tätigkeiten in der Dienststelle ein Bewusstsein für den Stellenwert von Suchtprävention geweckt werden. Ebenso erhöht ein ausgeprägtes betriebliches Risiko und Qualitätsmanagement die behördliche Sensibilität.