AKTUELLE RECHTSPRECHUNG FÜR DEN BETRIEBSRAT

Betriebsrat kann unwirksamen Beschluss nachträglich heilen

Für die Betriebsratsarbeit fallen Kosten an. Diese trägt grundsätzlich der Arbeitgeber. Deshalb ist er verpflichtet, die erforderlichen Anwaltskosten des Betriebsrats zu übernehmen, wenn ein wirksamer Beschluss des Gremiums vorliegt. Allerdings können bereits kleinste Fehler einen Betriebsratsbeschluss unwirksam machen. Solche Fehler lassen sich heilen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zumindest für einen Formfehler in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung klargestellt (25.9.2024, Az. 7 ABR 37/23).

Friederike Becker-Lerchner

11.04.2025 · 2 Min Lesezeit

Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat

Der Fall: Der Arbeitgeber, ein Spielzeug-Hersteller, und der Betriebsrat stritten um Rechtsanwaltskosten. Dieser Auseinandersetzung vorgeschaltet war, dass der Arbeitgeber zum 1.10.2020 eine neue Mitarbeiterin als Personalchefin eingestellt hatte. Und zwar ohne den Betriebsrat zu beteiligen. Zwar hatte der Arbeitgeber die Arbeitnehmervertretung Mitte Oktober 2020 schriftlich darüber in Kenntnis gesetzt. Etwaige Nachfragen, die der Betriebsrat dem Arbeitgeber daraufhin schriftlich gestellt hatte, beantwortete er jedoch nicht. Das nahm der Betriebsrat zum Anlass, vom Arbeitgeber die Aufhebung der personellen Maßnahme zu verlangen. Der Betriebsrat beauftragte zudem einen Rechtsanwalt, der ihn bei der Durchsetzung unterstützten sollte. Die Anwaltskosten in Höhe von etwas mehr als 1.000 € verlangte er von seinem Arbeitgeber erstattet. Der stellte jedoch die Wirksamkeit der Beschlüsse infrage und verweigerte die Übernahme der Anwaltskosten mit der Begründung, dass der Auftrag auf einem unwirksamen Beschluss beruhe. Als Konsequenz entschied der Betriebsrat, die Kostenübernahme durch die Arbeitgeberin vor Gericht einzuklagen.

Diesem Fehler soll der Betriebsrat unterlegen sein

Der Arbeitgeber hält den Beschluss des Betriebsrats für unwirksam, weil bei der Einladung zur Sitzung die gesetzlich vorgeschriebene Reihenfolge der Ersatzmitglieder (§ 25 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)) nicht eingehalten worden sein soll. Er beantragte deshalb, den Antrag des Betriebsrats, ihn von den Anwaltsgebühren freizustellen, abzuweisen. Dem hielt der Betriebsrat entgegen, dass der fehlerhafte Beschluss durch einen später gefassten Beschluss geheilt worden sei. Damit hatte er Erfolg.

Nachträglicher Beschluss bis zur Prozessentscheidung möglich

Die Entscheidung: Das Gericht gab dem Betriebsrat recht. Es entschied, dass der Arbeitgeber die Anwaltskosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG übernehmen müsse. Das begründeten die Richter damit, dass spätestens mit dem zweiten Beschluss eine rückwirkende Genehmigung erfolgt sei. Denn die Entscheidung an sich sei ordnungsgemäß gefasst worden. Der zweite Beschluss beziehe sich explizit nicht nur auf das Kostenübernahmeverfahren, sondern auch auf die Beauftragung der Kanzlei mit der gerichtlichen Geltendmachung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Einstellung der Beschäftigten. Das Gericht stellte aber auch klar, dass der erste Beschluss wegen eines groben Verfahrensfehlers unwirksam war. Denn ein Verstoß gegen die in § 25 Abs. 2 BetrVG vorgesehene Reihenfolge der zu ladenden Ersatzmitglieder sei als grob anzusehen. Schließlich habe das gesetzlich vorgesehene Ersatzmitglied keine Möglichkeit, an der Sitzung teilzunehmen und mit abzustimmen.

BAG zeigt Grenze auf

Das Gericht hat in seiner Entscheidung darüber hinaus klargestellt, wo die Grenze für rückwirkende Entscheidungen des Betriebsrats liegt. Nach dieser Entscheidung ist die Genehmigung durch eine nachträgliche Beschlussfassung bis zum Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung möglich. Das heißt für Sie: Im Notfall können Sie einen unwirksamen Beschluss durch einen wirksamen Beschluss bis zur Gerichtsentscheidung heilen. Darauf sollten Sie es aber natürlich nicht ankommen lassen. Sorgen Sie stattdessen dafür, dass Sie bei allen Beschlüssen, die Sie im Gremium fassen, sicherstellen, dass Sie sämtliche Voraussetzungen einhalten.

Fazit: Ihr Arbeitgeber trägt die Kosten der Betriebsratsarbeit

Die Entscheidung bestätigt: Ihr Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, die erforderlichen Kosten, die durch Ihre Arbeit als Betriebsrat entstehen, nach § 40 Abs. 1 BetrVG zu tragen. Dazu gehören auch die Kosten für einen Rechtsanwalt, wenn dieser in einer Angelegenheit erforderlich ist. Voraussetzung ist, dass Sie einen wirksamen Beschluss gefasst haben.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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