Der Fall: Ein Polizeikommissar war während seiner Ausbildung zum Beamten auf Widerruf bestellt worden. Während der Ausbildung erlitt er einen Schlaganfall. Glücklicherweise hatte dieser aber keine andauernden gesundheitlichen Folgen. Er setzte daher seine Ausbildung fort. Am Ende bestand er alle erforderlichen fachlichen und sportlichen Prüfungen und schloss seine Ausbildung daher erfolgreich ab.
Trotz des erfolgreichen Abschlusses kein Beamtenverhältnis auf Probe
Nun hätte eigentlich die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe angestanden. Der Dienstherr lehnte dies aber ab und entließ ihn aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Sein Hauptargument war, dass der Polizeikommissar ein erhöhtes Risiko für einen weiteren Schlaganfall habe. Man gehe daher davon aus, dass der Polizeikommissar aus gesundheitlichen Gründen nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig ist.
Der Polizeikommissar wollte seinen Beruf weiter ausüben. Im Wege einer Verpflichtungsklage wandte er sich gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf und beantragte gleichzeitig die Wiedereinstellung.
Das in der ersten Instanz zuständige Verwaltungsgericht Trier gab ihm recht. Ausschlaggebend war ein Sachverständigengutachten. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass das Risiko für einen erneuten Schlaganfall bis zum Erreichen der Altersgrenze bei rund 35 % lag.
Der Dienstherr legte allerdings erfolgreich Berufung ein. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hielt es für ausreichend, dass bei dem Kläger ein im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich höheres Risiko für einen neuen Schlaganfall bestand. Gerade in besonderen Einsatzlagen könnte dies zu einer Gesundheitsgefahr entweder für den Beamten oder für Dritte führen. Dies akzeptierte der Beamte nicht. Er wandte sich an das BVerwG und legte dort Revision ein.
Die Entscheidung: Die Bundesverwaltungs-Richter sahen die Sache anders als die Kollegen vom OVG. Sie waren überzeugt, dass das OVG die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Bewerbern überzogen hat. Daher kassierten sie die für den Beamten nachteilige Entscheidung des OVG. Er musste zum Beamten ernannt werden.
Prognoseentscheidung ja, aber …
Die fehlende gesundheitliche Eignung von Bewerbern für den Polizeidienst sei an den gleichen Maßstäben zu messen wie bei Personen, die eine Stellung im allgemeinen Verwaltungsdienst anstreben. Die gesundheitliche Eignung könne im Wege einer Prognoseentscheidung wegen Vorerkrankungen nur dann abgelehnt werden, wenn es überwiegend wahrscheinlich sei, dass der Bewerber wegen der Vorerkrankung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig wird.
… mindestens 50%ige Wahrscheinlichkeit nötig
Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit setze voraus, dass das entsprechende Risiko mindestens 50 % betrage. Der Sachverständige war aber zu dem Ergebnis gekommen, dass das Risiko in dem konkreten Einzelfall nur bei 35 % lag. Das reicht nicht für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Vorerkrankung zu einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit führen würde.
Für Polizeibeamte gilt nichts anderes
Entgegen der Ansicht des Dienstherrn spielte es für das BVerwG keine Rolle, dass die körperlichen und gesundheitlichen Anforderungen an einen Polizeibeamten höher sein mögen als für Beamte im allgemeinen Verwaltungsdienst. Ein strengerer Maßstab könne nur angesetzt werden, wenn es hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Vorgabe gibt. Da diese nicht vorliegt, gelten die allgemeinen Maßstäbe.