Arbeitgeber verliert Großauftrag
Der Fall: Die Arbeitnehmerin war seit dem Jahr 2021in Vollzeit bei ihrem Arbeitgeber, einem Unternehmen für die Durchführung von Taxi- und Mietwagenfahrten, als Disponentin beschäftigt. Im April 2023 beschäftigte der Arbeitgeber insgesamt 23 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich der Beschäftigen. Bis Ende Oktober 2023 führte der Arbeitgeber für eine Verkehrsgesellschaft nahezu den gesamten Rufbusverkehr im Landkreis als Exklusiv-Leistung durch. Basis dieser Geschäftsbeziehung war ein bis 2026 befristeter Vertrag. Dieser endete allerdings aufgrund einer außerordentlichen Kündigung bereits zum 31.10.2023. Das wiederum führte zu einem erheblichen Einbruch der Umsätze und der zu disponierenden Fahrten. Kurz- und auch mittelfristig war zudem keine Besserung der Auftragslage zu erwarten. Denn statt 6.000 Rufbusfahrten und 750 Taxi- sowie Krankenfahrten mussten ab dem 1.11.2023 nur noch 20 bis 30 Fahrten disponiert werden.
Arbeitgeber bietet einigen Disponenten Fahrer-Jobs
Der Arbeitgeber nahm diese Ausgangslage zum Anlass, 3 als Disponentinnen tätigen Arbeitnehmerinnen anzubieten, als Fahrerinnen ihre Arbeitsverhältnisse fortzusetzen. Die Beschäftigte dieses Verfahrens hatte jedoch keinen Führerschein. Für sie fiel diese Möglichkeit deshalb aus. Sie erhielt daher am 15.4.2024 eine betriebsbedingte Kündigung. Und zwar zum 31.5.2024.
Arbeitnehmerin wehrt sich mit Kündigungsschutzklage
Dagegen wehrte sich die Arbeitnehmerin mit einer Kündigungsschutzklage. Darin berief sie sich darauf, dass der Arbeitgeber die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen müsse. An einer solchen Darstellung fehle es hier.
Betriebsbedingte Kündigung in Ordnung
Die Entscheidung: Das Gericht hielt die betriebsbedingte Kündigung für gerechtfertigt. Die Richter führten aus, dass die Kündigung nicht gegen § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verstoße. Denn unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes seien dringende betriebliche Erfordernisse gegeben gewesen, aufgrund derer nachvollziehbar war, dass der Arbeitgeber nach Ablauf der Kündigungsfrist keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeitnehmerin hatte. Das Gericht präzisierte insoweit, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung einer Beschäftigungsmöglichkeit die Grundlage entzieht.
Das sei hier der Fall gewesen. Denn der Arbeitgeber hatte durch den Wegfall des Großauftrags keine Verwendung mehr für die Disponentin. Eine Disponenten-Tätigkeit war nicht mehr erforderlich und als Fahrerin konnte er die Arbeitnehmerin mangels Fahrerlaubnis nicht einsetzen. Deshalb sei die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt.
Ihre Rolle als Betriebsrat
Sieht Ihr Arbeitgeber sich gezwungen, eine unternehmerische Entscheidung zu treffen, die zum Abbau von Arbeitsplätzen führt, muss er zunächst eventuelle Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten prüfen und eine Sozialauswahl vornehmen. Erst danach muss er Sie über eine Kündigungsabsicht unterrichten. Die Unternehmensleitung muss Sie dabei so rechtzeitig unterrichten, dass Sie noch Handlungsmöglichkeiten haben, die Kündigung zu prüfen und entgegenzuwirken.
Das sind Ihre Möglichkeiten
Betriebsbedingte Kündigungen sind grundsätzlich nur zulässig, wenn es tatsächlich keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten für die betroffenen Arbeitnehmerinnen gibt. Das war hier der Fall. Das heißt aber auch: Besteht die Möglichkeit, von einer Kündigung bedrohte Kolleginnen und Kollegen weiterzubeschäftigen, sei es auch zu schlechteren Bedingungen, muss Ihr Arbeitgeber das tun.
Das ist in vielen Fällen Ihre Chance: Prüfen Sie, ob eine Beschäftigung zu zumutbaren schlechteren Bedingungen oder auch eine Versetzung oder Umsetzung möglich ist. Haben Sie zudem im Blick, ob der Arbeitsplatz durch Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme aufrechterhalten werden kann.