Arbeitnehmerin soll Kündigung erhalten
Der Fall: Der Arbeitgeber behauptete, gegenüber der Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 14.3.2022 eine außerordentliche, fristlose Kündigung ausgesprochen zu haben. Hilfsweise habe er ordentlich zum 30.9.2022 gekündigt. Die Arbeitnehmerin bestritt jedoch den Zugang dieses Kündigungsschreibens.
Der Arbeitgeber hielt dem entgegen, dass 2 seiner Mitarbeiterinnen das Kündigungsschreiben gemeinsam in einen Briefumschlag gesteckt hätten. Danach hätten sie es gemeinsam zur Post gebracht und dort am 26.7.2022 um 15.35 Uhr als Einwurf-Einschreiben, mit Sendungsnummer versehen, persönlich aufgegeben.
Nach dem Sendungsstatus sei das Schreiben mit der entsprechenden Sendungsnummer der Klägerin am 28.7.2022 zugestellt worden.
Der Arbeitgeber stellte sich auf den Standpunkt, dass deshalb ein Anscheinsbeweis bestehe, der durch das pauschale Bestreiten der Arbeitnehmerin nicht erschüttert werde.
Arbeitnehmerin legt Feststellungsklage ein
Das wollte die Arbeitnehmerin so nicht stehen lassen. Sie beantragte deshalb, gerichtlich festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Arbeitgebers vom 26.7.2022 beendet worden sei. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr statt. Dagegen wehrte sich der Arbeitgeber vor dem BAG; mit Erfolg.
Einlieferungsbeweis allein reicht nicht
Die Entscheidung: Das Gericht entschied, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26.7.2022 außerordentlich fristlos oder hilfsweise ordentlich beendet worden sei. Das begründeten die Richter damit, dass der Arbeitgeber den Zugang der Kündigung nicht nachgewiesen habe. Dass es an dem erforderlichen Nachweis fehlte, begründeten die Richter mit der ständigen Rechtsprechung des BAG. Danach setze der Zugang der Kündigung voraus, dass eine Kündigung in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt sei. Dazu gehört grundsätzlich auch der Briefkasten des Empfängers. Zudem müsse für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit bestehen, von der Kündigung Kenntnis zu nehmen. Die Beweislast für den Zugang trage auch nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitgeber.
Der Arbeitgeber hatte hier für den von ihm behaupteten Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten am 28.7.2022 keinen Beweis vorgelegt. Vor allem fehlte es an einem Zeugenbeweis der Person, die das Schreiben eingeworfen haben soll.
Anscheinsbeweis liegt nicht vor
Auch ein Anscheinsbeweis liegt nach Meinung der Richter nicht vor. Der von der Arbeitgeberseite vorgelegte Einlieferungsbeleg eines Einwurf-Einschreibens, aus dem neben dem Datum und der Uhrzeit der Einlieferung die jeweilige Postfiliale und die Sendungsnummer ersichtlich sind, sowie der im Internet abgefragte Sendungsstatus mit dem Hinweis, dass die Sendung zugestellt wurde, reichten dem BAG nicht für einen Beweis des ersten Anscheins hinsichtlich der Zustellung.
Die Richter waren der Meinung: Ein Einlieferungsbeleg beweise nicht den Zugang beim Empfänger. Schließlich fehlten dabei Angaben zum Überbringer der Kündigung sowie über weitere Einzelheiten der Zustellung. Das Gericht vertrat zudem die Ansicht, dass der Einlieferungsbeleg, also der Nachweis der Übergabe des Kündigungsschutzschreibens an die Deutsche Post AG, nichts über die tatsächlich erfolgte Zustellung aussagt.