PRAXISWISSEN FÜR DEN BETRIEBSRAT

Gesunde Mitarbeiter: Machen Sie sich für Anti-Stress-Maßnahmen stark

Der Ruf vieler Kolleginnen und Kollegen ist gerade zurzeit nicht mehr zu überhören: Ständige Erreichbarkeit, Arbeitsverdichtungen und gestiegene Leistungsanforderungen machen vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu schaffen, und das machen sie auch immer wieder deutlich. Überlegen Sie als Betriebsrat abhängig von der konkreten Situation in Ihrem Betrieb, ob eine Anti-Stress-Vereinbarung sinnvoll sein könnte.

Friederike Becker-Lerchner

11.04.2025 · 2 Min Lesezeit

Rechtslage zum Thema Stress am Arbeitsplatz

Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz sind seit vielen Jahren weit verbreitet. Die Lage hat sich allerdings in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich verschlechtert.

Da es sich bei den psychischen Erkrankungen nicht um ein völlig neues Phänomen handelt, hat auch der Gesetzgeber bereits vor Jahren gehandelt, indem er Ihren Arbeitgeber zu notwendigen Maßnahmen verpflichtet hat.

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet Ihren Arbeitgeber bereits seit Langem, erforderliche Maßnahmen zum Schutz Ihrer Gesundheit sowie der Ihrer Kolleginnen und Kollegen zu ergreifen. Als Betriebsrat stehen Ihnen dabei umfangreiche Mitbestimmungsrechte zu. So sind Sie nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwingend zu beteiligen, wenn es um das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz geht. Für die Gefährdungsbeurteilung wurde dies bereits vor Jahren vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.

Als Betriebsrat sind Sie zudem auch dann zu beteiligen, wenn keine konkrete Gesundheitsgefährdung gegeben ist und die von Ihrem Arbeitgeber beabsichtigten Maßnahmen lediglich mittelbar dem Gesundheitsschutz dienen.

Ihr Arbeitgeber hat Sie bereits beim Aufstellen genereller Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu beteiligen. Dazu gehört u. a. das Festlegen, mit welchen Methoden und Verfahren der Grad der Gefährdung festgestellt werden soll; außerdem, die betroffenen Abteilungen und Bereiche Ihres Unternehmens zu bestimmen, mögliche Gefährdungspotenziale zu identifizieren, die angewandten Beurteilungskriterien festzulegen sowie auch die Anforderungen an Qualifikation und Kenntnisse der mit der Gefährdungsbeurteilung beauftragten Person.

Prävention ist ein Muss

Ihr Arbeitgeber hat Ihre Kolleginnen und Kollegen und Sie bereits präventiv vor psychischen Erkrankungen und körperlichen Stressfolgen zu schützen. Er hat die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz zu treffen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG). Auch die psychische Gefährdungsbeurteilung ist – wie § 5 ArbSchG zeigt – bereits geltendes Gesetz. Darüber hinaus können Behörden Anordnungen gegenüber Arbeitgebern treffen und Bußgelder verhängen (§§ 22, 25 ArbSchG).

Die hier aufgelisteten Regelungen führen Ihnen vor Augen, dass Ihr Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, Stress am Arbeitsplatz zu bekämpfen.

Welche Argumente Sie für eine Anti-Stress-Regelung vorbringen können

Die Notwendigkeit, die Beschäftigten vor übermäßigem Stress und sonstigen Gefährdungen zu schützen, erkennen inzwischen auch viele Arbeitgeber. Sie haben dennoch häufig das Gefühl, dass andere Maßnahmen dringender sind, und stellen vor allem den Schutz psychischer Erkrankungen hintan. Das ist schlecht für Ihre Kolleginnen und Kollegen, aber letztlich auch für Ihren Arbeitgeber. Denn fallen Ihre Kolleginnen und Kollegen erst wegen einer psychischen Erkrankung aus, bleiben sie dem Arbeitsplatz nicht selten über Monate fern. Prävention macht deshalb für alle Beteiligten Sinn.

Die folgenden Argumente helfen Ihnen, Ihren Arbeitgeber von einer Betriebsvereinbarung zu überzeugen:

  • Jeder zweite Beschäftigte arbeitet unter starkem Termin- und Zeitdruck.
  • Immer häufiger leiden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter starkem Burn-out-Syndrom.
  • Hilfs- und notwendige Präventionsangebote sind rar und existieren in unserem Betrieb … (gar nicht, nur im Rahmen von …)
  • In unserem Unternehmen haben viele Umstrukturierungen in den vergangenen … Jahren Spuren bei den Beschäftigten hinterlassen.

Setzen Sie sich für eine Betriebsvereinbarung ein

Am besten können Sie den Stress in Ihrem Betrieb mit einer individuellen, auf Ihr Unternehmen zugeschnittenen Betriebsvereinbarung zur Gesundheitsprävention reduzieren. Letztlich ist der Schutz vor psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ein Teil des umfassenden und effektiven Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM).

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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