AKTUELLE RECHTSPRECHUNG FÜR DEN BETRIEBSRAT

Hier konnte der Gesamtbetriebsrat die Einigungsstelle nicht einschalten

Ein Kompetenzstreit zwischen dem Gesamt- und dem Konzernbetriebsrat um die Einführung eines Fragebogens nach Konzernvorgaben endete vor Gericht mit einer klaren Aussage: Der Gesamtbetriebsrat konnte keine Einigungsstelle verlangen, weil er unzuständig war (Landesarbeitsgericht Köln, 28.1.2025, Az. 9 TaBV 89/24).

Friederike Becker-Lerchner

04.04.2025 · 2 Min Lesezeit

Arbeitgeber will Fragebogen einführen

Der Fall: Die Arbeitgeberin, ein Unternehmen eines weltweit agierenden Konzerns, wollte in ihrem Betrieb einen Fragebogen zur „Erklärung von Interessenkonflikten“ einführen. Denn der Konzern verfolgte eine „Conflict of interest global policy“. Allen Unternehmen des Teilkonzerns und damit auch der Arbeitgeberin wurde in der Umsetzung der konzernweiten Richtlinien von der Leitung des Teilkonzerns vorgeschrieben, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer und Bewerber zur Ermittlung etwaiger Interessenkonflikte unter Beachtung welcher Verfahrensschritte wie zu befragen seien. Bestandteil der Anweisung war ein in englischer Sprache verfasster Fragebogen sowie Vorgaben zu dessen Verwendung. Entsprechend den Anforderungen füllte die Arbeitgeberin nach Übersetzung des Fragebogens sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form ein „Vereinfachtes Formular zur Erklärung von Interessenkonflikten“ aus. Und zwar ohne dabei den Gesamtbetriebsrat zu beteiligen.

Gesamtbetriebsrat besteht auf Beteiligung

Der Gesamtbetriebsrat beanspruchte ein Mitbestimmungsrecht nach § 94 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Danach hat der Betriebsrat der Einführung eines Personalfragebogens zuzustimmen. Sein Verlangen begründete der Betriebsrat damit, dass die erhobenen Daten Rückschlüsse auf Arbeitnehmer zuließen und daher das Mitbestimmungsrecht greife. Streitig war hier allerdings die Frage der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats. Denn die Arbeitgeberin lehnte die Beteiligung des Gesamtbetriebsrats mit der Begründung ab, dass die Maßnahme konzernweit festgelegt wurde. Darauf ließ es der Gesamtbetriebsrat nicht beruhen. Er beantragte bei der Einigungsstelle, eine Gesamtbetriebsvereinbarung abzuschließen. Damit hatte er jedoch keinen Erfolg.

Gericht lehnt Einsetzung der Einigungsstelle ab

Die Entscheidung: Das Gericht lehnte die Einigungsstelle ab. Das begründeten die Richter damit, dass dem Gesamtbetriebsrat kein Mitbestimmungsrecht nach § 94 BetrVG zustehe. Er könne die Einführung von Personalfragebogen lediglich vorschlagen. Eine Regelung durch die Gesamtbetriebsräte sei hier zudem nicht möglich, da der Fragebogen nach Konzernvorgaben unternehmensübergreifend eingeführt werde.

Das Gericht führte in seiner weiteren Begründung zudem aus, dass § 50 BetrVG die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats regele und bestimme, dass dieser nur für Angelegenheiten zuständig sei, die das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe beträfen und nicht durch einzelne Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden könnten. Demgegenüber bestimme § 58 Abs. 1 BetrVG, dass der Konzernbetriebsrat für Angelegenheiten zuständig sei, die den gesamten Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die Gesamtbetriebsräte einzelner Unternehmen geregelt werden können. Das sei dann der Fall, wenn die unternehmensspezifische Regelung unmöglich sei.

Fazit: Voraussetzungen lagen vor

Das Gericht stellte fest, dass genau diese Voraussetzungen vorlagen. Schließlich führte die Arbeitgeberin nicht eigenständig den Fragebogen ein, sondern tat dies aufgrund zentraler Vorgaben der Konzernleitung. Die Arbeitgeberin hatte keine eigenständige Regelungskompetenz. Sie sei vielmehr an eine konzernweite Anordnung gebunden gewesen.

Info: Gesamt- und Konzernbetriebsrat – Diese Aufgaben haben die einzelnen Gremien

Sowohl dem Gesamt- als auch dem Konzernbetriebsrat obliegt die Mitwirkung und Mitbestimmung in Angelegenheiten, die mehrere Betriebe, das Unternehmen oder den ganzen Konzern betreffen. Dabei ist der Gesamtbetriebsrat zu bilden, wenn in dem Unternehmen mehrere Betriebe bestehen. Ein Konzernbetriebsrat dient dazu, innerhalb des Konzerns eine Arbeitnehmervertretung zu schaffen, die die Interessen der Arbeitnehmer bei der Entscheidung der Konzernleitung wahrnimmt. Gesamt- und Konzernbetriebsrat sind eigenständige Organe. Sie sind dem örtlichen Betriebsrat nicht vorgesetzt.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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