WISSENSWERTES

„Kündigung der Stellvertretenden unseres Vorsitzenden – müssen wir jetzt neu wählen?“

Genau diese Frage stellte mir kürzlich eine MAV in meiner Kanzlei. Der stellvertretende Vorsitzende hatte gekündigt, um ein anderes Jobangebot anzunehmen. Und die Eigenkündigung von Gremiumsmitgliedern stellt das Gremium vor Probleme: Kann und darf dann einfach weitergearbeitet werden? Wie sollen Sie sich als Gremium jetzt organisieren? Die Frage ist also mehr als berechtigt. Lesen Sie hier meine Erläuterungen dazu.

Maria Markatou

14.04.2025 · 2 Min Lesezeit

Frei gewordener Platz im Gremium muss aufgefüllt werden

  • Kündigt ein Mitglied des Gremiums, muss dessen Platz neu besetzt werden. Es rückt dann ein Ersatzmitglied nach.
  • Ersatzmitglied ist dasjenige Mitglied, das bei der Wahl als Nächstes in das Gremium gekommen wäre. Hier haben wir also einen Fall des Nachrückens.
  • Auch wenn der*die stellvertretende Vorsitzende kündigt, muss ein Ersatzmitglied nachrücken. Dieses rückt aber nicht automatisch auf die Stellvertreterposition, sondern muss wieder aus der Mitte des Gremiums bestimmt werden.

Neuwahlen müssen aber nicht stattfinden

Neuwahlen finden nur in den Fällen des § 13 Abs. 3 MAVO statt. Dieser besagt:

Außerhalb des einheitlichen Wahlzeitraums findet eine Neuwahl statt, wenn

  • an dem Tag, an dem die Hälfte der Amtszeit seit Amtsbeginn abgelaufen ist, die Zahl der wahlberechtigten Mitarbeitenden um die Hälfte, mindestens aber um 50, gestiegen oder gesunken ist,
  • die Gesamtzahl der Mitglieder der MAV auch nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder um mehr als 1/3 der ursprünglich vorhandenen Mitgliederzahl gesunken ist,
  • die MAV mit der Mehrheit ihrer Mitglieder ihren Rücktritt beschlossen hat,
  • die Wahl der MAV mit Erfolg angefochten worden ist,
  • die Mitarbeitendenversammlung der MAV gemäß § 22 Abs. 2 MAVO das Misstrauen ausgesprochen hat,
  • die MAV im Fall grober Vernachlässigung oder Verletzung der Befugnisse und Verpflichtungen als MAV durch Beschluss der Schlichtungsstelle aufgelöst ist.

Nach § 16 MVG-EKD werden Neu- und/oder Nachwahlen durchgeführt, wenn

  • die MAV mit den Stimmen der Mehrheit der Mitglieder ihren Rücktritt beschlossen hat,
  • die MAV nach § 17 MVG-EKD (Auflösung auf Antrag wegen groben Missbrauchs) aufgelöst worden ist.

Wann Ersatzmitglieder noch zum Zuge kommen

Das Nachrücken ist nicht der Normalfall. Ersatzmitglieder sind eher ein kurzfristiger, temporärer Ersatz für ansonsten gesetzte Gremiumsmitglieder, also eine Stellvertretung für eine begrenzte Zeit. Sie rücken nach, wenn ein reguläres Mitglied verhindert ist.

Wichtig: Mitglieder müssen Verhinderung anzeigen

Kolleg*innen, die vorübergehend nicht zur Verfügung stehen, müssen dem*der Vorsitzenden die Verhinderung unverzüglich mitteilen. Diese*r muss dann ein Ersatzmitglied zur Vertretung heranziehen. Dabei beschränkt sich die Vertretung tatsächlich nur auf die Vertretung in dem konkreten Anlass, also z. B. auf die Teilnahme an einer bestimmten Sitzung. Sie umfasst nicht die Wahrnehmung von Ämtern des verhinderten Mitglieds, wie etwa die Mitgliedschaft in einem Ausschuss. Denn nach seiner Rückkehr nimmt das vertretene Gremiumsmitglied sein angestammtes Amt wieder auf.

Typische Verhinderungsfälle sind (die Aufzählung ist nicht abschließend):

  • Krankheit,
  • Kur oder Rehabilitationsmaßnahme,
  • Urlaub,
  • Seminarteilnahme,
  • Dienstreise,
  • wenn ein Mitglied der MAV von einer Beschlussfassung persönlich betroffen ist,
  • wenn das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes ruht, z. B. während des Mutterschutzes.

Der Einsatz von Ersatzmitgliedern darf aber auf keinen Fall „willkürlich“ oder einfach so geschehen frei nach dem Motto „Ich habe keine Lust, da soll ein anderer, eine andere ran“. Das vertretene Mitglied muss wirklich verhindert sein.

Fazit: Immer Ruhe bewahren

Selbst wenn der*die stellvertretende Vorsitzende oder Vorsitzende kündigt: Lassen Sie sich nicht unter Zugzwang setzen und verrückt machen. Sie können weiterarbeiten, müssen aber eine*n neue*n Vorsitzende*n, eine neue Stellvertretung wählen. Sie können und sollten Ihre Amtszeit ganz ruhig und normal weiter erfüllen.

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Ich habe Rechtswissenschaften in München studiert und bin seit 2004 als Rechtsanwältin zugelassen. Von 2004 bis 2017 war ich Partnerin der Kanzlei Löffler & Partner in München. Seit 2017 bin […]

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