Kundin wünscht sich männlichen Berater
Der Fall: Die Arbeitnehmerin arbeitete seit 1992 bei ihrem Arbeitgeber, einem Unternehmen, das Bauleistungen anbot. Zunächst war sie als Architektin beschäftigt. Später wechselte sie in den Vertrieb, dort kam es zu einer Auseinandersetzung. Eine potenzielle Kundin kontaktierte den Arbeitgeber als Bauinteressentin für ein Bauvorhaben. Sie wendete sich telefonisch direkt an den Regionalleiter. Diesem teilte sie in dem entsprechenden Gespräch mit, dass sie keine weibliche Betreuerin wünsche. Der Vorgesetzte der Architektin übernahm daraufhin die Betreuung der Kundin.
Das missfiel der Arbeitnehmerin. Sie beschwerte sich. Das änderte allerdings nichts. Der Arbeitnehmerin ging dadurch eine mögliche hohe Provision verloren. Sie wandte sich deshalb daraufhin sowohl an den Regionalleiter als auch an die AGG-Beschwerdestelle. Dort machte sie eine Diskriminierung wegen des Geschlechts geltend. Dabei berief sie sich vor allem auf eine Benachteiligung nach § 12 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sie stellte dar, dass der Arbeitgeber es versäumt habe, nachdem die Bauinteressentin ihren Wunsch geäußert hatte, alle geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um der Benachteiligung entgegenzuwirken.
Gericht hält Diskriminierung für gegeben
Die Entscheidung: Das Gericht stellte zunächst klar, dass der Anspruch auf Entschädigung einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraussetze. Die Bauherrin hier im Fall wollte nicht von einer weiblichen Kundenbetreuerin betreut werden. Sie bevorzugte einen männlichen Kollegen. Das war eine geschlechtsbezogene Diskriminierung. Die Diskriminierung fiel nicht in den Wirkungsbereich des Arbeitgebers. Allerdings habe dieser seine Mitarbeiterin selbst unmittelbar benachteiligt, indem er der Arbeitnehmerin die Kundin, die ihr zugeordnet war, und die damit verbundene Aufgabe entzog. Der Arbeitgeber habe mehrere Möglichkeiten gehabt, die Mitarbeiterin zu schützen und seinen Verpflichtungen nach § 12 Abs. 4 AGG nachzukommen.
Lediglich wenn die geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz gegen eine Benachteiligung durch Dritte nach § 7 Abs. 1 AGG nicht fruchten, hätte man eine eigene benachteiligende Vorgehensweise des Arbeitgebers ausschließen können. An entsprechenden Maßnahmen fehle es jedoch hier.
Gericht verlangt vom Arbeitgeber Versuch gütlicher Lösung
Das Gericht stellte in seiner Entscheidung zudem klar, dass der Arbeitgeber zumindest eine gütliche Lösung hätte anstreben müssen. Er wäre verpflichtet gewesen, der Kundin die Kompetenz der weiblichen Beraterin vorzustellen. Einfach den männlichen Kollegen zuzuweisen, wie die Kundin das gewünscht hatte, sei gerade keine Maßnahme i. S. d. § 12 Abs. 4 AGG.
Schließlich wurde der weiblichen Arbeitnehmerin so von vornherein die Möglichkeit genommen, ihr Können gegenüber der Bauherrin unter Beweis zu stellen. Die Arbeitnehmerin erhielt deshalb eine Entschädigung.