Arbeitgeberin verlangt Schadenersatz von Arbeitnehmerin
In einem vor dem LAG Niedersachsen anhängigen Fall verlangte eine Arbeitgeberin von einer ausgeschiedenen Arbeitnehmerin Schadenersatz in Höhe von ca. 46.000 €. Das begründete sie damit, dass die ehemalige Beschäftigte unbefugt Gegenstände, die im Eigentum der Firma standen, an Dritte verkauft habe. Zudem soll sie sich am Erlös bereichert haben. Das will die Arbeitgeberin erfahren haben, als sie ohne das Wissen und den Willen der Arbeitnehmerin in deren privates eBay-Konto Einsicht genommen hat. Darüber, wie die Arbeitgeberin an das Passwort bzw. die Benutzerdaten der früheren Beschäftigten gekommen ist, streiten die Arbeitgeberin und die Arbeitnehmerin.
Gericht schaltet EuGH ein
Das LAG Niedersachsen war sich nicht sicher, inwieweit die Regelungen zur DSGVO hier eine Rolle spielen. Es hat deshalb ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH anhängig gemacht (Art. 267 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)). Mit der Vorlagefrage wollte der Gerichtshof konkret wissen, ob die Regelungen des deutschen Zivilprozessrechts bestimmt genug sind, also die erforderliche Regelungstiefe aufweisen, um den Anforderungen der DSGVO zu genügen. Darüber hinaus hat das deutsche Gericht den EuGH gefragt, welche der Regelungen der DSGVO auf gerichtliche Datenverarbeitungstätigkeit Anwendung finden und welche Rechtsgrundsätze hierbei von den Gerichten zu beachten sind.
Was das LAG Niedersachsen weiß
Klar ist dem deutschen Gericht, dass Gerichte die DSGVO zu beachten haben, wenn sie bei ihrer justiziellen Tätigkeit personenbezogene Daten verarbeiten. Es will aber wissen, welche der Regelungen der DSGVO auf die gerichtliche Datenverarbeitung anwendbar sind und welche Rechtsgrundsätze von den Gerichten zu beachten sind. Die Beantwortung der Frage sei entscheidend, wenn ein Gericht wie hier zu beurteilen habe, ob und unter welchen Voraussetzungen möglicherweise rechtswidrig erlangte Kenntnisse und Beweismittel, die eine Partei in die gerichtliche Auseinandersetzung eingeführt hat, verwertet werden können.
Wie der EuGH die Angelegenheit beurteilt, bleibt abzuwarten. In seinen Entscheidungen vom 24.3.2022 (Rs. C-245/20) und vom 2.3.2023 (Rs. C-268/21) hat er bereits deutlich gemacht, dass auch justizielle Tätigkeit, soweit dabei Daten verarbeitet werden, in den Geltungsbereich der DSGVO fallen.
Antworten auf die Frage können auch in anderen Fällen interessant sein
Die Beantwortung der Fragen durch den Gerichtshof kann auch im Hinblick auf andere Fälle hilfreich sein, in denen die nationalen Gerichte zu beurteilen haben, ob und unter welchen Voraussetzungen möglicherweise rechtswidrig erlangte Kenntnisse und Beweismittel durch die Partei in den Rechtsstreit eingeführt und von ihr verwertet werden können.