PRAXISWISSEN FÜR DEN BETRIEBSRAT

So reden Sie als Betriebsrat mit

Viele Arbeitgeber versuchen zurzeit – die Notwendigkeit im Einzelfall sei an dieser Stelle dahingestellt –, die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter anzupassen. Begründet werden solche Schritte aktuell meist mit den politischen Auswirkungen, die sich wirtschaftlich beim Arbeitgeber niederschlagen. Damit Sie im Zweifel gut gewappnet sind und Ihre Kolleginnen und Kollegen richtig unterstützen können, lesen Sie das Wichtigste dazu im Folgenden.

Friederike Becker-Lerchner

11.04.2025 · 3 Min Lesezeit

Einseitige Änderungen sind nur im Rahmen des Direktionsrechts möglich

Es ist möglich, dass Ihr Arbeitgeber aufgrund von Ertragseinbrüchen bestimmte Vergünstigungen und Sonderleistungen nicht mehr gewähren will. Oder dass er eine Aufgabe reorganisieren will, um für etwaige Auftragseinbrüche besser gewappnet zu sein. Ob und wie Ihr Arbeitgeber solche Änderungen durchführen kann, hängt davon ab, was er ändern will, wie die jeweiligen Angelegenheiten bisher gehandhabt wurden und welche Vereinbarungen es dazu gibt.

Das Wichtigste vorab: Einseitig kann Ihr Arbeitgeber Änderungen nur vornehmen, wenn diese vom Direktionsrecht, auch Weisungsrecht genannt, erfasst sind. Dabei handelt es sich um sein Recht, die Arbeitspflichten von Ihnen und Ihren Kollegen einseitig festzulegen bzw. näher zu bestimmen.

Was Ihr Arbeitgeber einseitig ändern darf

Geregelt ist das Ganze in § 106 Gewerbeordnung (GewO). Danach kann Ihr Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie Fragen der Ordnung und des Verhaltens im Betrieb nach billigem Ermessen bestimmen, soweit sie nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Das heißt in der Praxis: Sind die Tätigkeiten, die Ihr Kollege erledigen sollen, im Arbeitsvertrag genau festgelegt, ist eine Änderung nur möglich, wenn er sich damit einverstanden erklärt. Alternativ bleibt Ihrem Arbeitgeber allerdings die Möglichkeit – sofern es einen entsprechenden Grund gibt –, eine Änderungskündigung auszusprechen.

Wenn Ihre Tätigkeit nur allgemein benannt ist

Ist das Tätigkeitsfeld hingegen im Arbeitsvertrag nur grob umrissen (z. B. „als Verwaltungsmitarbeiter oder Produktionshelfer“), kann Ihr Arbeitgeber innerhalb des so gesteckten Rahmens kraft seines Direktionsrechts bestimmen, welche Aufgabe genau der Kollege erledigen soll. Das gilt grundsätzlich auch, wenn einer Ihrer Kollegen bereits seit Jahren dieselben Tätigkeiten verrichtet. Anspruch auf eine unveränderte Weiterbeschäftigung hat er nur, wenn Ihr Arbeitgeber durch entsprechende konkrete Äußerungen den Eindruck erweckt hat, dass es niemals Änderungen geben wird.

Zudem darf Ihr Arbeitgeber Kollegen keine Tätigkeiten zuweisen, die diese in einen vermeidbaren Gewissenskonflikt bringen. Auch die Zuweisung von geringerwertigen Arbeiten ist – selbst wenn Ihr Arbeitgeber die Vergütung nicht kürzt – nicht erlaubt.

Wo Ihrem Arbeitgeber Grenzen gesetzt sind

Beim Direktionsrecht Ihres Arbeitgebers gibt es Grenzen. Er ist z. B. im Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingeschränkt. Er darf den Umfang der beiden Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses (Arbeit gegen Lohn) nicht einseitig gestalten. Das gilt auch für den Arbeitsort. Geht es um einen dieser Punkte, muss er sich mit dem betroffenen Kollegen einigen.

Hat Ihr Arbeitgeber sich also z. B. mit einem Kollegen im Arbeitsvertrag auf einen bestimmten Ort geeinigt, darf er daran einseitig nichts ändern. Möchte er den Kollegen z. B. von Hamburg nach München versetzen, muss er sich entweder mit ihm einigen oder eine Änderungskündigung aussprechen. Etwas anderes gilt allerdings, wenn im Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel festgeschrieben wurde.

Denken Sie daran: In jedem Fall sind Sie zu beteiligen. Einer Versetzung müssen Sie nach § 99 BetrVG zustimmen und bei einer Änderungskündigung müssen Sie angehört werden (§ 102 BetrVG).

Gehalt kann nicht per Direktionsrecht reduziert werden

Auch die laufende Vergütung kann Ihr Arbeitgeber keinesfalls durch einseitige Anordnung kürzen. Ist allerdings tatsächlich die wirtschaftliche Existenz des Betriebs gefährdet, kann ausnahmsweise eine Änderungskündigung in Betracht kommen.

Sonderzahlungen, Leistungszulagen und Fahrtkostenzuschüsse sind hingegen unter Umständen gefährdet. Denn diese werden in der Regel unter einen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt gestellt. Das heißt, Ihr Arbeitgeber behält sich bereits bei der Zusage das Recht vor, die Leistung unter bestimmten Voraussetzungen zu widerrufen (Widerrufsvorbehalt), bzw. er stellt klar, dass er die Leistung freiwillig erbringt und nicht automatisch für die kommenden Jahre gebunden sein will (Freiwilligkeitsvorbehalt).

Wenn ein Freiwilligkeitsvorbehalt besteht

Besteht ein wirksamer Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalt, ist das Streichen der Leistung möglich. Das erleben so einige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bezug auf das Weihnachtsgeld jedes Jahr im November.

Setzen Sie sich für betroffene Kollegen ein

Geht es um die Änderung von Arbeitsbedingungen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten, wird es am ehesten um eine Veränderung der Arbeitszeit, des Arbeitsentgelts und unter Umständen auch des Arbeitsorts gehen. Bei der Arbeitszeit können Sie als Betriebsrat mitbestimmen. Dementsprechend haben Sie insoweit die besten Voraussetzungen, eine für Ihre Kolleginnen und Kollegen günstige Regelung zu treffen.

Die regelmäßige Vergütung und den Ort kann Ihr Arbeitgeber nur ändern, wenn er sich mit dem betroffenen Kollegen auf die Änderung einigt.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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