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Verzicht auf Arbeitszeiterfassung kann diskriminierend sein

Das Bundesarbeitsgericht hat 2022 klargestellt, dass die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erfassen ist (BAG, 13.9.2022, Az. 1 ABR 22/21). Das gilt auch für Hausangestellte, entschied der Europäische Gerichtshof in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (EuGH, 19.12.2024, Az. C-531/23). In diesem Zusammenhang stellte der EuGH zudem klar, dass in der Missachtung dieser Pflicht sogar eine Diskriminierung liegen könne.

Friederike Becker-Lerchner

04.04.2025 · 1 Min Lesezeit

Spaniens Besonderheiten bei der Arbeitszeiterfassung

Der Fall: In Spanien sind bestimmte Arbeitgeber von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung befreit. Dazu zählen auch die Hausangestellten. Eine in Vollzeit beschäftigte Hausangestellte wollte allerdings ihre Überstunden bezahlt haben. Vor dem nationalen Gericht hatte sie jedoch zunächst keinen Erfolg mit ihrer Forderung. Denn sie konnte die Überstunden nicht nachweisen. Sie ging in Berufung und wendete sich an das nächsthöhere Gericht. Dieses hatte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausnahme, also daran, dass die Arbeitszeit von Hausangestellten nicht zu erfassen sei, und rief deshalb den EuGH an.

Regelung ist offensichtlich rechtswidrig

Die Entscheidung: Der EuGH entschied klar, dass eine solche Regelung offensichtlich gegen EU-Recht verstoße. Schließlich werde Hausangestellten dadurch die Möglichkeit vorenthalten, objektiv und zuverlässig festzustellen, wie viele Arbeitsstunden sie geleistet haben und wann diese Stunden geleistet wurden. Das Gericht stellte aber auch klar, dass nationale Regelungen Ausnahmen von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung vorsehen können; z. B. wegen der Größe des Arbeitgebers oder seines Tätigkeitsbereichs.

Diskriminierung wegen fehlender Arbeitszeiterfassung

Das Gericht entschied, dass hier zudem eine Diskriminierung vorliegen könne, da der Großteil der Hausangestellten weiblich sei. Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen sind in der Regel am besten gestellt, wenn Sie die Arbeitszeit vollumfänglich erfassen. Darauf wird die sehr wahrscheinlich zu erwartende Gesetzgebung auch ausgerichtet sein. Setzen Sie sich dafür ein, dass Ihr Arbeitgeber dafür sorgt, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen sämtliche Arbeitszeiten auch jetzt schon umfassend erfassen.

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Ich publiziere seit über 20 Jahren im Bereich Arbeitsrecht. Seit 2005 unterstütze ich Betriebsräte in ganz Deutschland Monat für Monat bei ihren fachlichen Herausforderungen. Darüber hinaus bin ich als Rechtsanwältin, […]

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