Betriebsratsarbeit ist unentgeltliches Ehrenamt – bitte was?
Nach § 37 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Ehrenamtliche Arbeit kennen Sie möglicherweise aus Vereinen und politischen Parteien. Das Ehrenamt im Betriebsrat ist aber wegen des Bezugs zum Arbeitsverhältnis etwas anderes als die ehrenamtliche Tätigkeit, die Sie nach Ihrer Arbeitszeit in Ihrer Freizeit ausüben (Bundesarbeitsgericht (BAG), 18.01.2017, Az. 7 AZR 224/15). Das führt z. B. dazu, dass das Arbeitszeitgesetz Auswirkungen auf die Betriebsratstätigkeit hat.
Trotz Ehrenamt Anspruch auf Vergütung
Liest man nur den oben angesprochenen § 37 Abs. 1 BetrVG, führt das schnell zu einem Missverständnis. Selbstverständlich haben Sie einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Sie für die für Ihre Betriebsratsarbeit erforderliche Zeit von Ihren beruflichen Aufgaben freistellt. Genauso selbstverständlich hat der Arbeitgeber für diese Zeiten die Vergütung fortzuzahlen. Geregelt ist das Ganze eindeutig und unmissverständlich in § 37 Abs. 2 BetrVG. Die Betriebsratsarbeit darf also nicht dazu führen, dass Ihre Vergütung reduziert wird. Genauso wenig dürfen Sie allerdings wegen der Betriebsratstätigkeit eine höhere Vergütung erhalten.
Betriebsratstätigkeit grundsätzlich während der regelmäßigen Arbeitszeit
Grundsätzlich erfolgt die Betriebsratstätigkeit während Ihrer regelmäßigen Arbeitszeit. Dann ist auch die Befreiung von der Arbeitspflicht gegen Fortzahlung der Vergütung kein Problem.
Sonderfall: Betriebsratsarbeit außerhalb der Arbeitszeit
Aber kein Grundsatz ohne Ausnahme. Je nach individueller Situation lässt es sich nicht immer vermeiden, dass Betriebsratstätigkeiten auch außerhalb der individuellen Arbeitszeit eines Betriebsratsmitglieds erforderlich werden. Das kann zum Beispiel bei in Schichtarbeit tätigen Betriebsratsmitgliedern der Fall sein, wenn eine Betriebsratssitzung oder eine Betriebsversammlung außerhalb der jeweiligen Schichten liegt.
Für diesen Fall ist § 37 Abs. 3 BetrVG wichtig. Müssen Sie aus betrieblichen Gründen außerhalb Ihrer individuellen Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten leisten, haben Sie Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung im gleichen Umfang innerhalb eines Monats.
Was sind betriebsbedingte Gründe im Sinne von § 37 Abs. 3 BetrVG?
Betriebsbedingte Gründe für Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit liegen vor, wenn die Ursache dafür aus der Sphäre des Betriebs stammt. Das ist z. B. der Fall, wenn
- Verhandlungen mit dem Arbeitgeber länger dauern als Ihre normale Arbeitszeit
- der Arbeitgeber Ihnen während der Arbeitszeit keine Möglichkeit gibt, die erforderliche Betriebsratstätigkeit wahrzunehmen
- Sie im Wechselschichtsystem arbeiten und Ihnen die Betriebsratstätigkeit (z. B. Teilnahme an Betriebsratssitzungen) in der schichtfreien Zeit nicht möglich ist
- Betriebsratstätigkeit während des Betriebsurlaubs erforderlich wird.
Betriebsratsarbeit und Ruhezeiten
Als Betriebsrat setzen Sie sich dafür ein, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen die durch § 5 Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Ruhezeiten von 11 Stunden nach Feierabend einhalten. Nach der Rechtsprechung des BAG gilt diese Ruhezeit auch im Hinblick auf die Betriebsratstätigkeit. Das BAG hat z. B. entschieden, dass ein Betriebsratsmitglied, das zwischen 2 Nachtschichten an einer Betriebsratssitzung teilnimmt, auch einen Anspruch auf die 11 Stunden Ruhezeit hat. Es ist deshalb berechtigt, seine Arbeit vor dem Ende einer Schicht einzustellen, wenn nur dadurch die ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden eingehalten werden kann. In dieser Zeit darf weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu erbringen sein (BAG, 18.01.2017, Az. 7 AZR 224/15).
Das kann dazu führen, dass Sie Ihren Arbeitsplatz vorzeitig, also z. B. vor Schichtende, verlassen müssen, um auf die 11 Stunden Ruhezeit zu kommen. Aber Vorsicht: Einen Fehler sollten Sie auf gar keinen Fall machen. Versäumen Sie nicht, sich rechtzeitig abzumelden, genau wie bei sonstigen Betriebsratstätigkeiten. Sonst drohen Ihnen arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie etwa eine Abmahnung.
Was Sie beim Freizeitausgleich noch beachten sollten
Wenn Sie im Rahmen von § 37 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Ausgleich von Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit durch Freizeit haben, haben Sie ein Vorschlagsrecht wegen der konkreten Lage der Ausgleichszeit. Nutzen Sie dieses unbedingt. Sie können aber nicht einfach selbst entscheiden, wann Sie den Freizeitausgleich nehmen. Vielmehr wird die Arbeitsbefreiung vom Arbeitgeber gewährt.
Wenn Ihnen der Arbeitgeber den Ausgleich aus betriebsbedingten Gründen verweigert, wandelt dieser sich in einen Abgeltungsanspruch. Das ist z. B. möglich, wenn die von Ihnen gewünschte Arbeitsbefreiung tatsächlich zu für den Arbeitgeber unzumutbaren Störungen im Betriebsablauf führen würde.
Liegen hingegen für die Verweigerung keine betriebsbedingten Gründe vor, bleibt es grundsätzlich – auch nach Ablauf der Monatsfrist des § 37 Abs. 3 BetrVG – zunächst bei einem Anspruch auf Arbeitsbefreiung. Wird dieser weiter verweigert, können Sie doch noch die finanzielle Abgeltung verlangen.
Bei einer Abgeltung muss der Arbeitgeber die nicht genommene Freizeit zusätzlich zum normalen Lohn wie Mehrarbeit vergüten. Haben Sie aufgrund eines Tarifvertrags oder Ihres Arbeitsvertrags einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag, wird dieser jetzt auch fällig.
Keine Betriebsratstätigkeit während des Urlaubs
Auch wenn Sie noch so engagiert sind, sollte Ihr Urlaub Ihnen heilig sein. Insbesondere sollten Sie während des Urlaubs keine Betriebsratstätigkeit vornehmen. Tun Sie dies dennoch, geht das zu Ihren Lasten. Sie haben grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Ihnen Zeiten gutschreibt, die Sie während des Urlaubs mit Betriebsratsarbeit verbracht haben (LAG Rheinland-Pfalz, 13.06.2024, Az. 5 Sa 255/23).